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Filialschließung von H&M in Nürnberg – Was aus Mitarbeitenden wird

In der Nürnberger Fußgängerzone kündigt sich ein Konflikt an, der weit über eine gewöhnliche Ladenaufgabe hinausgeht. Die Filiale der schwedischen Modekette H&M an der Karolinenstraße 45 soll zum 31. Januar 2026 geschlossen werden. Rund 58 Beschäftigte ­– teils langjährig beschäftigt – werden betroffen sein. Gleichzeitig betreibt H&M nur wenige Meter weiter in der Karolinenstraße ein neues Geschäft (Hausnummer 11) – was für viele Betroffene den Eindruck hinterlässt: Die Mitarbeiter werden nicht einfach übernommen. Ein umstrittenes Video der SPD-Stadtratskandidatin Julia Kaltenegger machte diesen Eindruck viral.


1. Hintergrund der Schließung

H&M begründet den Schritt mit „wirtschaftlichen Gründen“. Die Filiale in der Karolinenstraße 45 wurde erst 2024 in denselben Straßenzug ergänzt, nachdem bereits eine Filiale in der Breiten Gasse geschlossen worden war. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert jedoch, dass das Unternehmen mit der Entscheidung die Beschäftigten „im Regen stehen lässt“ – insbesondere, da die nahe­gelegene neue Filiale in der Karolinenstraße 11 offensichtlich keine automatische Übernahme vorgesehen hat.


2. Was mit den Mitarbeitenden passiert

Nach Recherchen lautet der Umstand wie folgt: Die rund 58 Betroffenen können sich zwar auf ausgeschriebene Stellen am neuen Standort bewerben – aber nicht mit Garantie auf Übernahme und nicht zu den bisherigen Konditionen. So äußert sich eine zentrale Aussage in dem bereits erwähnten Video von Julia Kaltenegger: „Beeil dich, wir nehmen dich nicht mit rüber“ – diesen sarkastischen Dialog führt sie in zwei Rollen. Betriebsrät:innen berichten von Mitarbeitenden mit langjähriger Betriebszugehörigkeit, Teilzeitverträgen, gesundheitlichen Einschränkungen – die kaum realistische Chancen sehen, sich unter den neuen Bedingungen zu bewerben. 


3. Öffentlicher Protest und Social Media

Die Kritik wurde durch Social Media zusätzlich befeuert: Das Instagram-Video von Julia Kaltenegger (alias „@july_fromtheblock“) erreichte über 50 000 Likes und über eine Million Aufrufe. Zudem fand am 18. Oktober 2025 ein Flashmob in der Karolinenstraße statt – rund 80 Leuten versammelten sich mit Botschaften wie „Wir sind Menschen, keine Zahlen“. 


4. Perspektiven und Kritik

ver.di wirft dem Konzern vor, systematisch Beschäftigte mit „weniger Flexibilität“ oder längerem Beschäftigungsverhältnis loszuwerden. Juristische Anwaltskanzleien äußern, dass bei Filialschließungen wie dieser Transparenz, faire Sozialpläne und echte Beteiligung notwendig seien – im konkreten Fall werde jedoch „Verantwortung und Fairness“ gefordert. H&M wiederum teilt mit, alle gesetzlichen Regelungen einzuhalten und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft zu haben.


5. Einordnung: Was bedeutet das für Handel und Stadtentwicklung in Nürnberg?

Die Situation spiegelt mehrere aktuelle Entwicklungen: Erstens die zunehmende Konkurrenzlage im Einzelhandel – auch wenn der neue Standort nur wenige Meter entfernt liegt, bewertet H&M die Standorte wirtschaftlich unterschiedlich. Zweitens zeigt sich die Frage, wie soziale Verantwortung im Bereich Einzelhandel gestaltet wird – insbesondere, wenn Mitarbeiter:innen mit Familie, Teilzeit­verträgen oder gesundheitlichen Einschränkungen betroffen sind. Drittens wird deutlich, dass öffentliche und soziale Medien zunehmend Druck erzeugen – das virale Video zeigt, wie Arbeitsmarktthemen in der digitalen Öffentlichkeit angekommen sind.


Die angekündigte Schließung der H&M-Filiale in der Karolinenstraße 45 in Nürnberg markiert nicht einfach nur einen Standortwechsel – sie wirft grundlegende Fragen auf: Wie wird mit langjährig Beschäftigten umgegangen, wenn ein Konzern in unmittelbarer Nähe neu eröffnet? Wie transparent und fair sind Prozesse von Sozialplanverhandlungen? Und wie groß ist die Wirkung öffentlicher Mobilisierung – vom Flashmob vor Ort bis zum viralen Video auf Instagram? Für die Betroffenen steht viel auf dem Spiel: nicht lediglich ein Arbeitsplatz, sondern berufliche Sicherheit, Planbarkeit und Wertschätzung. Ob H&M hier letztlich den Ansprüchen gerecht werden kann – das bleibt abzuwarten.

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